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Lebensläufe von in Zingst bestatteten Bürgern
Grabstelle nicht mehr vorhanden.
Grabstein an der Sammelstelle Zingster Künstler
(siehe Lageplan „D“)

Reinhold Hoberg
(04.10.1859 - 25.02.1932)
Künstler, Maler und Grafiker

Reinhold Hoberg war Leiter der Panpresse Berlin, hat für Max Liebermann und Slevogt die Druckestöcke für die Graphiken gestochen. Außerdem war er für den Kunstverlag Gurlitt und für Max Heyder von Kunst und Leben tätig.
Als früher Sozialdemokrat hat er sich schon zu Beginn des 20. Jh. für die Belange der Arbeiterklasse eingesetzt, wie man an den Zeitungskarikaturen sehen kann.
Anfang der 1920er Jahre ist er wohl mit seiner Ehefrau nach Zingst in die Waldstraße gezogen, um von hier aus weiter zu arbeiten.

Arne Nehls, Heimatverein Zingst

Selbstbildnis Reinhold Hoberg
Selbstbildnis von Reinhold Hoberg
SLUB Dresden / Deutsche Fotothek / Hans Loos,
www.deutschefotothek.de/documents/obj/70256108



Aus: Kunst und Leben 1909-1943. Der Berliner Verlag Fritz Heyder
Galerie Mutter Fourage (Hrsg.):

„Für FRITZ GURLITT, DAS GRAPHISCHE JAHR 1921, Berlin 1921, S. 59 – 60, schrieb Hoberg eine prägnante Autobiographie, die bis heute die einzige Veröffentlichung zu diesem profilierten Künstler und Graphiker darstellt und daher ausführlich zitiert werden soll:

„Berlin O ging's los (* 4.10.1859). Milieu nicht schön! Schule: zum Schluß „Altes Kölln, Inselstraße“. Freudlos – Nur der alte Zeichenlehrer Gennerich, den verehrte ich, veranlaßte meinen Vater, mich zur Kunstschule zu geben. Kaselowsky gab dort Unterricht nach Gips und ermutigte mich, meine Aufnahme als Stipendiat in die

Kgl. Kunst-Akademie unter Anton d. hl. Warner (sic!) zu versuchen – diesmal gegen den Willen des Vaters. Leider gelang es. Es kamen die Klassen der damaligen Lehrer, die es vortrefflich verstanden, Schülerbegabungen nicht zu entwickeln. Zeit selbstständigen Schaffens. Die großen und kleinen Bilder entstanden. Ausstellungen nahmen sie an und oder – refus. Versuch, davon zu leben! - Aber wie? - ein Kapitel für sich. - Ermutigt durch die Gefährtin meines Lebens, Flucht in die Welt. Leipzig (Illustration), Antwerpen (war schön – Tenier d. J. Liebte ich – wo sind all meine kleinen lieben Bilder dieser Zeit zerstreut?), dann kam Stettin und dann München.

Im freundschaftlichen Verkehr mit einigen Holzschneidern der Fliegenden Blätter nahm ich Versuche, in Holz zu schneiden, wieder auf, ich hatte während meiner Berliner Kunstschulzeit das Stechen bzw. Schneiden in Holz unter Vogel und Atelier Brend´amour praktisch erprobt. Meine Originalholzschnitte für die Münchener Jugend hatten Erfolg. Bekanntschaft mit Dr. Eugen Albert ermöglichte mir, in seiner Anstalt alle photomechanischen Druckverfahren gründlich kennen zu lernen, und hier erwarb ich meine umfassenden graphischen Kenntnisse. Auf München folgte Hamburg. Dann übernahm ich in Berlin die Leitung der Pan-Presse bei Paul Cassirer, Jahre voller Arbeit und Ärger – an die ich aber doch gern zurückdenke, führten mich mit Max Liebermann und Slevogt und anderen tüchtigen Menschen zusammen, denen ich vieles, ganz besonders in der Fortentwicklung des modernen Holzschnittes, wie ich ihn anstrebe, zu danken habe. Jetzt am Ostseestrand baue ich Kartoffeln usw., radiere, schneide Holz, male, vergesse auch meine Kupfer- und Steindruckpresse nicht, bin froh, in der Gefährtin Geselligkeit hier leben zu können und nicht in Berlin sein zu müssen.“

In Zingst hat Hoberg bis zu seinem Tod am 25.02.1932 gelebt. Dort entstanden vor allem Seestücke und Landschaften, mit denen Hoberg auch in „Kunst und Leben“ vertreten ist. Ausführlich korrespondierten Hoberg und Heyder vor allem in den frühen zwanziger Jahren, um die Verlagsprojekte mit Holzschnittzeichnungen Max Liebermanns zu besprechen, die Hoberg gestochen hatte. Heyder erwies sich hier als feinfühliger Verleger, setzte er doch alles daran, Hoberg eine Zusammenarbeit mit Paul Cassirer zu ersparen, da ihre Beziehung, wie in der Autobiographie angedeutet, offenbar unter dem früheren Arbeitsverhältnis gelitten hatte. Heyder gab sogar zu Bedenken, daß eine Zusammenarbeit mit dem berühmten und erfolgreichen Galeristen dem finanziell durchaus bedürftigen Hoberg eine höheres Honorar einbringen könnte. Als sich das Projekt dann als geschäftlicher Mißerfolg herausstellte, bedauerte Heyder umso mehr, Hoberg kein höheres Honorar zahlen zu können. Zeitgenössische Kritiker erkannten die herausragende Virtuosität von Hobergs Holzschnitten und lobten darüber hinaus die eigenständige künstlerische Ausdruckskraft. „Sein Holzschnitt, der eine Tuschlage in ein System feiner paralleler Strichzüge paßt, ist als eine Neubelebung des schon totgeglaubten Tonholzschnittes von symptomatischer Bedeutung“ (Holtze). Doch auch damals ahnte der Kritiker schon, daß das Publikum die künstlerische Qualitäten dieser als bloße Vervielfältiger wahrgenommenen Künstler übersieht. Auch Heyders Wertschätzung für Hoberg, die sich in zahlreichen Aufträgen äußert, konnte nicht verhindern, daß der herausragende Stecher und begabte Künstler bis heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist.“


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